St. Jodok
Ausführliche baugeschichtliche und kunsthistorische Erläuterungen zur Kirche lesen Sie in dem Peda-Kunstführer Nr. 9335/2014 „Pfarrkirche St. Jodok Landshut“, sowie in dem Peda-Kunstführer Nr. 888/2013 „Die Epitaphien der Pfarrkirche St. Jodok in Landshut“.
Patrozinium: 13. Dezember
St. Jodok ist ein Produkt der Gotik (14. Jh.), der Spätgotik (15. Jh.) und mit zwei kleineren Ergänzungen der Neugotik (19. Jh.). Gegründet wurde sie 1338 von Herzog Heinrich XIV. als Zentrum des Stadtteils Freyung. Ab 1369 wurde die Kirche als Pfarrkirche genutzt. Damit entstand neben St. Martin die zweite Pfarrei in Landshut.
Länge der Kirche: 69 m, des Schiffs: 37 m, Breite des Schiffs: 31 m, Höhe des Schiffs: 17,5 m, Höhe des Kirchturms: 77-80 m, je nach Bezugspunkt.
Baugeschichte
Die Kirche war noch nicht völlig fertiggestellt, als sie 1403 durch Brand zerstört wurde. Der Wiederaufbau war noch nicht abgeschlossen, als man die Kirche um seitliche Kapellen erweiterte (1435-1450). Völlig fertiggestellt war die Kirche 1480. Mitte des 19. Jh. wurden zwar „nur“ die jetzige Taufkapelle und die gegenüberliegende Sakristei in (neu-)gotischen Formen angebaut, die Einrichtung aber völlig im Stile der Romantik ersetzt.
Für die ursprüngliche Gestalt stand der Typus der „Bettelordenskirchen“ Pate, die zwischen 1270 und 1370 in relativ großer Zahl entstanden waren und in Altbayern zu einer recht einheitlichen Grundform gefunden hatten. Er verwendet sparsam einige Elemente der Gotik: Dem Langhaus mit Flachdecke und kurzen Fenstern stand das gewölbte Presbyterium mit langen Lanzettfenstern gegenüber; beide getrennt durch den Triumphbogen und einen Lettner, an dem der Kreuzaltar für das Volk stand. Lediglich die Krypta kam in St. Jodok zusätzlich dazu. Und ein mächtiger Kirchturm, der den Bettelorden verboten war, wies sie als bürgerliche Stadtkirche aus.
Im Bauwerk einer Kirche steckt immer auch ein Bild des theologischen Selbstverständnisses der Gläubigen in ihrer Zeit. In der ersten Bauphase als Bettelordenskirche fällt uns die strenge Trennung von Klerus (Altar- und Chorbereich) und Laien (im Kirchenschiff) durch Lettner, Gitter, Altarschranken auf. Die Liturgie war allein in der Hand des Klerus. Dem Volk blieb das Schauen und Hören. Gemeinsam wissen sie um ihre Erlösungsbedürftigkeit. Sie werden durch Bilder, Fresken, Predigt und Gottesdienst ständig daran erinnert, sich um die Barmherzigkeit Gottes zu mühen. Im Gottesdienst sieht man vor allem das Erlösungsopfer Christi, das man – seinem Kreuz zugewandt – Gott darbringt.
Im 15. Jh. versteht sich die Kirche mehr als der Raum, der die ganze Schöpfung umfasst: Um Christus (im Tabernakel) sammeln sich die Männer und Frauen (im Gestühl). Jetzt entstehen die Seitenkapellen: Die Heiligen sind in den Figuren der Seitenaltäre, die Märtyrer in den Reliquien, die Stifter in ihren Stiftungen gegenwärtig. Die Verstorbenen bilden den äußeren Kreis draußen am Friedhof. Und alle/s umfängt Gott in seiner Gegenwart, angedeutet im golden leuchtenden Himmel
Sanierung und Renovierung 1986-1997
Die Kirche zeigt sich so frisch herausgeputzt, weil 1986-97 die größte Sanierung und Renovierung seit dem Brand von 1403 notwendig wurde. Durch die Veränderung des Grundwassers (z. B. Kanalisierung der Isar, Bau des Maxwehrs) standen die Holzpfähle, auf denen die Kirche gesetzt war, nicht mehr im Grundwasser und waren deshalb teilweise vermodert. Angeblich angestoßen durch das Erdbeben von Friaul wurden die Setzungen und Risse so groß, dass die Kirche wegen Einsturzgefahr geschlossen werden musste. Für allein 7 Millionen Mark musste das gesamte Fundament der Kirche ausgetauscht werden. Dann erst konnten die Folgeschäden bis zur Turmspitze behoben werden (Dächer 7,5 Mill.). Mit ca. 30 Millionen Mark war St. Jodok seinerzeit eine der teuersten Baustellen der Diözese München-Freising.
Im Zuge dieser Arbeiten erfolgte auch die nachkonziliare Neu- und Ausgestaltung der Kirche. Das Modell für unser heutiges Kirchenbild ist das Gottesvolk, das sich gemeinsam unterwegs weiß und in der Kirche zum (Abend-)Mahl mit Jesus zusammenkommt. Dabei wird in der heiligen Schrift von den bisherigen Erfahrungen der Menschen mit Gott gelesen und die Botschaft Jesu (in den Evangelien) von neuem verkündet. Dem „Tisch des Mahles“ ist der „Tisch des Wortes“ an die Seite gestellt. Für die Liturgie ist nicht mehr der Priester allein zuständig; jeder hat seine besondere Rolle darin zu übernehmen (= „aktive Teilnahme“).
Die Aufgabe für die heutige Generation bestand darin, diese liturgischen Vorstellungen in einer Kirche des Mittelalters umzusetzen.
Kunstwerke
Aus der Zeit der Gotik und Spätgotik ist wenig erhalten geblieben. Als hochrangig wird besonders das südliche Seitenportal (ca. 1460) mit den Werken der Barmherzigkeit eingeschätzt. In diese Zeit gehören auch die Fresken, mit denen die Seitenkapellen ausgemalt sind. Die Darstellung der zehn Gebote (ca. 1460) in der zweiten Südkapelle ist aufwändig gereinigt und restauriert worden. Aus dieser Zeit stammt auch die Türanlage zur Sakristei mit Natursteingewände, schmiedeeisernem Gitter und blechbeschlagenem Türblatt (1482). Von den vielen hervorragenden Grabsteinen sind besonders bemerkenswert der des Heinrich von Staudach (1483) in der Krypta und der des Peter von Altenhaus (1513, von Stephan Rottaler) unter der Empore. Von ca. 1520 ist das große Taufbecken, das in der neugestalteten Taufkapelle einen neuen Platz gefunden hat.
Künstlerisch und emotional hoch wird Maria mit dem Kind von ca. 1490 eingeschätzt, weil sie ungewöhnlich viel mütterliche Wärme ausstrahlt.
Aus der Zeit des Barock stammen: die Orgelempore (1611), das Jodoksbild von Raymund Scherrich (1658), die Kreuzigungsgruppe vom barocken Kreuzaltar (Christus und Maria um 1700), Johannes und Magdalena von Christian Jorhan (um 1770) und das Kirchengestühl.
St. Jodok ist heute eigentlich ein Museum der Neugotik (entstanden zwischen 1840 und 1890).
Besonders hingewiesen sei auf:
- Choraltar mit dem Pfarrpatron St. Jodok und dem Stadtpatron St. Sebastian (Anselm Sickinger, München 1863)
- Kanzel (Max Schuller, Landshut 1865)
- Westorgel (G. F. Steinmeyer, Öttingen 1890; verändert durch Schmid, Kaufbeuren 1966)
- Besonders kostbar sind auch die neugotischen Glasfenster der Seitenkapellen
Im Rahmen der Sanierung und Renovierung wurde die Kirche den Vorstellungen der nachkonziliaren Liturgie entsprechend umgestaltet. Von Friedrich Koller (1995-2000, Laufen) stammen: Altar und Ambo; die goldenen Rückwand an der Stelle des früheren Lettners; Reliquien- und Evangelienschrein; Osterleuchter, Stühle und Bänke im Altarbereich usw. Die Chororgel stammt von Jürgen Ahrend, Leer-Loga 1996, (15 Register). Schriftenstand, Gabentische, Gotteslob-Wägen und Plakattafeln entwarf Architekt Günter Forster.
Orgeln und Glocken
St. Jodok hat eine lange Orgelgeschichte. Eine Westorgel mit einem Positiv war schon um 1494 vorhanden. Nach mehreren Reparaturen wurde sie 1625 von einer Orgel von Hans Lechner (München) mit 17 Registern auf zwei Manualen und Pedal abgelöst. Nach alten Beschreibungen hat sie so ähnlich ausgesehen wie die von ihm wenige Jahre später gebaute Orgel der Martinskirche, deren Gehäuse noch erhalten ist.
Die Steinmeyer-Orgel von 1890
Die gegenwärtige Westorgel mit 30 klingenden Registern auf zwei Manualen und Pedal wurde 1890 von der damals in Süddeutschland führenden G.F. Steinmeyer (Öttingen) gebaut und 1966 von Gerhard Schmid (Kaufbeuren) klanglich umgestaltet, wobei auch am Gehäuse einige Dekorteile entfernt wurden. Die Frontpfeifen, die nach der Buntmetallablieferung 1917 in Zink ersetzt worden waren, wurden von Armin Ziegeltrum 1997 in alter Form rekonstruiert.
Die Chororgel von Ahrend
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hat die Jodokskirche auch eine Chororgel bekommen. Sie stand in der Aschkapelle, am Ostende des nördlichen Seitenschiffs, auf einer Empore, die in der Neugotik abgebrochen wurde. Als drittes Orgelinstrument gab es von 1625 bis 1858 eine kleine Prozessionsorgel von Hans Lechner.
Für die liturgischen Wechselgesänge wurde die neue Chororgel angeschafft, die abwechselnd den Chor und die Gemeinde begleiten kann.
Als Aufstellungsort wurde die „Leerstelle“ des vor dreißig Jahren entfernten Corpus-Christi-Altars gewählt. Beschafft wurde die neue Orgel aus liturgisch-praktischen Gründen. Aus musikalischen Gründen wurde sie bewusst als Gegenstück zur Westorgel gestaltet. Nachdem die große Westorgel mehr für romantische Orgelmusik geeignet ist, soll die Chororgel vor allem für die „alte“ Musik taugen.
Die Pfarrei hat dafür einen der angesehensten Künstler gewinnen können, den Orgelbauer Jürgen Ahrend (Leer-Loga).
Die Glocken
Die drei ältesten haben schon bei der Landshuter Hochzeit 1475 geläutet
Nach der Beschlagnahmung und Einschmelzung der barocken Glocken 1917 war das Geläute 1919 entsprechend der Disposition eines Sachverständigen neu und größer konzipiert worden. Die damals neugegossenen Glocken fielen der Ablieferung 1942 zum Opfer. Zum 650-jährigen Jubiläum 1988 wurde das Geläute nach Disposition des Sachverständigen und mit Mitteln des Restaurierungsvereins ergänzt.
(Autor: Pfr. Alfred Rössler)